Mit wehenden Interflugfahnen wurde unsere letzte TU, die aber schon nicht mehr uns gehörte, zum Start begleitet und allen war sehr wehmütig um’s Herz, denn anschließend konnten wir in der Flugtechnik überall das Licht ausmachen. |
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Die Flugzeuge wurden mit Zwischenlandung in Moskau in die Komi-Haupstadt Syktyvkar überflogen. Nur das zuletzt übergebene Flugzeug DDR-SCR flog, vollgetankt von oben bis zum Stehkragen, direkt nach Syktyvkar. Ob überhaupt und wie viel Geld für die Flugzeuge in die Bundeskasse geflossen ist, wurde mir nicht bekannt. |
Letzter Start der DDR-SCR bzw. D-AOBF nach Syktyvkar
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1997 wurde die Komiinteravia mit allen Verkehrsflugzeugen aus der Komiavia ausgegründet, bei dieser verblieben der Flughafen und die Hubschrauberflotte. |
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Interessant, dass der schräge Schriftzug КОМИИНТЕРАВИА sich bewusst an die Schriftgestaltung INTERFLUG anlehnt.
Erich Mielkes ehemalige DDR-SDH, jetzt als 65606 mit VIP-Ausstattung – siehe Bilder oben und rechts. |
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2006 schluckte die zu den 5 größten russischen Fluggesellschaften gehörende UTair die Komiinteravia und benannte sie in „UTair-Express“ um.
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Die ehemalige DDR-SCS, jetzt als 65614 in UTair-Bemalung
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Neuerdings betreibt die UTair neben „vaterländischen“ Typen Boeing 737-400/500, B 757-200, ATR-42/72 und CRJ-200. Der letztgenannte Typ wurde von Lufthansa CityLine gekauft.
Mit den CRJ-200 hat UTair offensichtlich bei den rauen russischen Winterbedingungen und dem schlechten Zustand der Start-und Landebahnen in der Provinz viele Ausfälle und große Probleme mit der Einsatzbereitschaft, sodass die robustere TU-134A häufig die Situation retten muss. Das rechtfertigt deshalb bis auf Weiteres ihren Einsatz.
Trotzdem ist zu erwarten, dass über kurz oder lang die Tage der TU-134A gezählt sind und die Aussonderung schnell voranschreiten wird, so wie es momentan nach zahlreichen Havarien und Unfällen der TU-154M ergeht.
Im Oktober 1991 wurde ich von der Leitung der Komiavia zur Klärung einiger Fragen nach Syktyvkar eingeladen und machte meine letzte Dienstreise als Interflug-Mitarbeiter. Ich hatte die Gelegenheit, die technische Basis der Komiavia zu besichtigen und Land und Leute kennenzulernen.
Ich überzeugte mich, dass dort kompetente Spezialisten mit Lust und Liebe die Wartung betreiben und unsere ehemalige TU-134A-Flotte damit in guten Händen ist. Komiavia organisierte auf meinen Wunsch einen Flug nach Workuta, eine Stadt hinter dem Polarkreis, bekannt durch seine Bergwerke mit vorzüglicher Kohle und berüchtigt durch die zu Stalins Zeiten angegliederten Gulags.
Hier wurden auch zwei ehemalige Interflug-Mitarbeiter, Kurt Neumann und Richard Neumann, die als deutsche Kommunisten vor der Hitlerdiktatur in die UdSSR geflohen waren, mehrere Jahre unschuldig als angeblich deutsche Spione interniert.
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Kurt Neumann ( links) und Richard Neumann (dritter von rechts, mit Brille) im Klubhaus der Interflug bei einer Feier zum Jahrestag der Oktoberrevolution
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Über Kurt Neumann hat Jörn Lehweß-Litzmann in seinem Buch „Die Gründer der DDR-Luftfahrt“ berichtet. Richard, nicht mit Kurt verwandt, hatte es als gelernter Friseur im Gulag vielleicht etwas leichter, da er teilweise in seinem Beruf arbeiten konnte und keine Schwerstarbeit im Schacht verrichten musste. Aber schon die äußeren Bedingungen in dieser trostlosen Gegend sind unvorstellbar hart. Frost von 40-50 Grad ist keine Seltenheit, und um im Schneesturm überhaupt nach Hause zu finden, sind viele Häuser untereinander mit Seilen verbunden.
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Ein Hubschrauberrundflug ermöglichte mir einen Blick auf das, was heute dort noch von den Lagern zu sehen ist, meist nur verfallene Baracken. Ein bescheidenes Denkmal erinnert an die Opfer und ihre Leiden. |
Die Inschrift auf der Tafel des nächsten Bildes lautet: „An diesem Platz wird ein Denkmal für die Opfer des Personenkultes 1920 – 1950 errichtet werden“. Ob das inzwischen erfolgt ist, entzieht sich meiner Kenntnis. Die Inschrift wirft auch sonst Fragen auf: Stalin starb 1953 und der Kult um ihn endete nicht 1950. Die Lager für politische Gefangene wurden in Workuta 1938 eingerichtet und existierten bis mindestens 1960.
Rentiere gab es in Workuta auch.
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Denkmal für die Opfer des Personenkultes in den Gulags.
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Auf dem Hinflug nach Workuta bat mich der Captain ins Cockpit und überreichte mir eine Plakette aus Anlass des Polarkreis-Überfluges. Später wurde in diese noch Datum und Uhrzeit eingraviert. Auf diesem Flug sah ich auch erstmals die wabernde, beeindruckende Pracht des Nordlichts. |
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Zum Andenken an den Überflug des Polarkreises |
H. Franke, 13.11.91, Flug-Nr. 8886, 20.55 Moskauer Zeit |
Zum Schluss hier die Übersetzung der Tabelle über den Verbleib der TU-134A der Interflug.
Sie wurde vom Chefingenieur der Komiinteravia bzw. der UTair-Express, Sergey Yeryomin, zusammengestellt. |
Schicksal der Flotte ТU-134А des LVU «INTERFLUG», die von der Republik Komi erworben wurde
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Flugzeugkennzeichen |
Werknummer |
D a t u m |
Betriebsdaten seit Inbetriebnahme, Fh / Flüge |
Stand vom |
UdSSR |
DDR |
BRD |
Herstellung |
Übernahme Komi |
Bei Übern. |
Aktuell |
In der |
05.10.2009 |
RF |
05.10.2009 |
RF |
|
1 |
65605 |
SCU |
AOBI |
9070 |
110574 |
61290 |
19871 11789 |
|
0 |
An Werk 407 (Minsk) |
0 |
Verkauft 1991 |
2 |
65606 |
SDH |
AOBR |
46300 |
290376 |
211290 |
6373
3915 |
10622
|
4249 |
An Firma „Tupolew“ |
6051 |
2136 |
verkauft 28.06.04 |
3 |
65607 |
SDI |
AOBS |
48560 |
270876 |
271290 |
5924
3761 |
20511 |
14587 |
GIS 24.04.00, 17.05.07
Neues Interieur |
11903 |
8142 |
4 |
65608 |
SDE |
AOBO |
38040 |
180975 |
130991 |
10570
6838 |
22441 |
11871 |
Verkauft TAT-Leasing 2002,
GIS 2003, UTair |
13877 |
7039 |
5 |
65609 |
SDG |
AOBQ |
46155 |
290276 |
210891 |
6064
5168 |
25782 |
19718 |
GIS 10.06.04 |
15543 |
10375 |
6 |
65610 |
SDF |
AOBP |
40150 |
201075 |
100991 |
11795
7510 |
19151 |
7356 |
Verkauft an Atyrau aue Zholy 2000 |
12122 |
4612 |
7 |
65611 |
SCI |
AOBA |
1903 |
70573 |
60991 |
21279
12989 |
38115 |
16836 |
GIS 16.08.97, 04.08.06 |
21848 |
8859 |
8 |
65612 |
SCN |
AOBC |
2102 |
201173 |
270991 |
19244
11519 |
31321 |
12077 |
Außerdienststellung |
18941 |
7422 |
23.08.04 wegen ELZG |
9 |
65613 |
SCO |
AOBD |
2106 |
181273 |
121091 |
16553
9755 |
33623
|
17070 |
Verkauft an „AFES“ 1999, UТair seit 2007 |
18630 |
8875 |
Außerdienststellung |
10 |
65614 |
SCS |
AOBG |
2207 |
110374 |
30991 |
16839
9862 |
38097 |
21258 |
GIS 06.06.03, |
20905 |
11043 |
42.008 |
11 |
65615 |
SCP |
AOBE |
2205 |
280274 |
111091 |
17987
10772 |
22268 |
4281 |
Verkauft an „Sibavia-Trans“ 2000 |
13241 |
2469 |
12 |
65616 |
SCR |
AOBF |
2206 |
110374 |
151091 |
16545
9876 |
34981 |
18436 |
GIS 21.07.03 |
20166 |
10290 |
Außerdienststellung |
13 |
65617 |
SCT |
AOBH |
8068 |
170574 |
270891 |
21118
12501 |
24792
|
3674 |
Katastrophe 24.06.95 in Lagos, Nigeria |
15697 |
3196 |
14 |
65618 |
SCV |
AOBJ |
12095 |
120774 |
300891 |
21524
12775 |
41623 |
20099 |
GIS 27.04.04 |
23633 |
10858 |
Außerdienststellung |
15 |
65619 |
SCW |
AOBK |
31218 |
220575 |
300991 |
12770
7731 |
18218
|
5448 |
Verkauft an Atyrau aue Zholy 2002 |
10998 |
3267 |
16 |
65620 |
SDC |
AOBN |
35180 |
300675 |
230891 |
12058
7456 |
29813 |
17755 |
GIS 23.02.01, 17.08.07 Neues Interieur |
17436 |
9980 |
17 |
65621 |
SCX |
AOBL |
48320 |
310376 |
240991 |
19999
11628 |
39513 |
19514 |
GIS 30.01.03, |
21933 |
10305 |
52.008 |
18 |
65622 |
SCY |
AOBM |
60495 |
160678 |
190991 |
16218
9003 |
30739
|
14521 |
Verkauft an “Alaniya“1998,
UTair seit2007 |
16763 |
7760 |
19 |
65565 |
SDT |
11+13 |
63998 |
190383 |
|
|
15976 |
|
GIS 24.05.06, |
8552 |
UTair seit 2007 |
|
*Als erstes von 3 Flugzeugen wurde 1990 die 65605 (06.12.90) übernommen,als letztes die 65607 (27.12.90).
*Als erstes von 15 Flugzeugen wurde 1991 die 65609 (21.08.91) übernommen, als letztes die 65616 (15.10.91).
*Von den erworbenen 18 Flugzeugen wurde eines bei einer Flugzeugkatastrophe verloren, 8 wurden an andere Luftverkehrsunternehmen (LVU) verkauft, 1 Flugzeug (65612) wurde wegen des Erreichens der Einsatzfrist zwischen den Grundinstandsetzungen (GIS) von 8000 Fh und der festgelegten Kalendereinsatzfrist von 30 Jahren und 7 Monaten außer Dienst gestellt.
Wegen des Erreichens der Einsatzfrist zwischen den Grundinstandsetzungen von 8000 Fh, der ökonomischen Unzweckmäßigkeit einer GIS und des erhöhten Arbeitsaufwandes zur Verlängerung der Einsatzfristen infolge starker Korrosion wurden die Flugzeuge 65613, 65616 und 65618 im Oktober 2009 aus dem Betrieb genommen und der Prozedur der Außerdienststellung unterzogen.
*Von den in der Komi-Republik verbliebenen 8 Flugzeugen wurden 2 mit vollständig neuem Interieur ausgestattet, mit Einführung der Business-Klasse und dem Einbau einer automatischen stationären Sauerstoffanlage für die Passagiere und die Besatzung.
Die Flugzeuge 65606, 65608, 65610 und 65619 erhielten vor dem Verkauf im Reparaturwerk 407 eine GIS mit vollständiger Erneuerung des Interieurs und Umrüstung für VIP-Beförderungen nach der Dokumentation des Konstruktionsbüros Tupolew.
* 65607 – rot gekennzeichnete Flugzeuge, deren Lufttüchtigkeit durch den Syktyvkarer Luftfahrttechnischen Betrieb gesichert wird.
*Während der gesamten Betriebsdauer der Flugzeuge in Russland haben die durch den Syktyvkarer Luftfahrttechnischen Betrieb gewarteten Maschinen (außer 65565) mit Stand vom 05.10.2009 228750 Fh und 126627 Flüge absolviert (durchschnittliche Dauer eines Fluges – 1h und 48min.). Die Maximalflugstundenzahl hat das Flugzeug 65614, die minimale Zahl die 65606 (als VIP-Flugzeug umgerüstet).
Anmerkung vom Autor des Artikels: Das Flugzeug 65565 (DDR-SDT) gehörte nicht der Interflug, sondern der Regierungsstaffel der DDR. Es wurde auch nicht 1991 von IF an die Komi-Republik übergeben, sondern zusammen mit den TU-134A der NVA DDR–SDS, -SDR und –SDU von der Aeroflot übernommen und kam später zur UTair.
Harald Franke, Berlin, 16.02.2011
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